Gemeinsam forschen, Hunger bekämpfen

Ernährung für die nächsten Jahrzehnte zu sichern, gehört zu den größten Herausforderungen unserer Zeit. Daran arbeitet die Universität Hohenheim zusammen mit sieben Partnerhochschulen weltweit.

Forschung Stillen und Flucht

Schon vor Ausbruch der Corona-Pandemie war Hunger ein drängendes globales Problem. Krieg und Konflikte, Dürren und Fluten sowie die wachsende Weltbevölkerung gehören zu den Gründen dafür, dass auch im 21. Jahrhundert immer noch Hunderte Millionen Menschen nicht genug zu essen haben. Die Corona-Pandemie verstärkt den Trend zusätzlich und könnte neue, große Hungersnöte auslösen.

Mit dem Urbedürfnis nach ausreichend und nahrhaftem Essen für alle Menschen beschäftigt sich an der Universität Hohenheim seit 2009 ein Forschungszentrum für Ernährungssicherheit, das „Food Security Center“ (FSC). Es hat den Anspruch, das komplexe Problem des Hungers, das viele Ursachen und Ausprägungen hat, von verschiedenen Seiten wissenschaftlich zu beleuchten und Langzeitstrategien dagegen zu entwickeln.

Partner von allen Kontinenten

Das Besondere daran: Das FSC ist Kern eines globalen Wissenschaftsnetzwerks, dem Forscherinnen und Forscher von allen Kontinenten angehören. Beteiligt sind Universitäten aus Äthiopien, Benin, Costa Rica, Kenia, dem Libanon und Thailand sowie von den Philippinen.

Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler tauschen sich aus, arbeiten an gemeinsamen Forschungsprojekten und profitieren gegenseitig von ihren Erkenntnissen. Die Beteiligten forschen zu Verfügbarkeit, Qualität und Verwertung von Nahrungsmitteln und teilen ihre Ergebnisse mit der Politik. Sie kommen aus den Agrar-, Natur- und Wirtschaftswissenschaften. Die Rolle der Geschlechter im Zusammenhang mit sicherer Ernährung wird dabei ebenso untersucht wie die Wirkung des Klimawandels auf die Verfügbarkeit von Essen oder das Potenzial von essbaren Insekten.

Neue Führungskräfte im globalen Süden

Zudem begleitet das FSC junge Forscherinnen und Forscher aus Entwicklungsländern – inhaltlich, aber auch mit Stipendien für Doktorarbeiten. „Wir bilden künftige Führungskräfte für das Thema Ernährungssicherheit im globalen Süden aus“, beschreibt Nicole Schönleber vom FSC das Ziel. Das Zentrum hat bereits eine ganze Reihe an erfolgreichen Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftlern hervorgebracht.

Viele von ihnen hätten ohne diese Unterstützung nicht die akademische Laufbahn einschlagen können, die jetzt vor ihnen liegt: Memuna Kadie Sawi zum Beispiel wird, wenn sie ihren Doktortitel erlangt hat, die erste promovierte Dozentin an ihrem Heimatinstitut an der Njala Universität in Sierra Leone sein. In ihrer Forschung be-schäftigt sie sich damit, wie die Versorgung von Kleinkindern mit Mikronährstoffen verbessert werden kann. Dafür untersucht sie unter anderem die Ernährungsge-wohnheiten von Müttern und Kindern und analysiert den Nährstoffgehalt von lokal verfügbarem Obst und Gemüse.

Ernährung von Kleinkindern

Andere haben Preise gewonnen, wie die Libanesin Joana Abou-Rizk, die für ihre Forschung über Stillen und Flucht von der Barilla-Stiftung ausgezeichnet wurde. Abou-Rizk erforscht die Ernährungssituation von Müttern und Kindern im Libanon – sowohl mit Blick auf die lokale Bevölkerung als auch auf Geflüchtete. Ein Hauptaugenmerk ihrer Arbeit liegt auf Anämie, also Blutarmut, und deren Ursachen. „Als Frau aus dem Nahen Osten hat das exzellente Stipendienprogramm des FSC für mich eine große Rolle gerade für die Anfänge meiner wissenschaftlichen Karriere gespielt“, sagt sie. Alles in allem profitieren die Akademikerinnen und Akademiker von einer gelungenen Kombination aus Wissensvermittlung, Austausch und Förderung bei einem hochaktuellen Thema.

Netzwerke für nachhaltige Entwicklung

Tatsächlich bildet das FSC sogar ein Netzwerk im Netzwerk, denn es gehört noch einem größeren Zusammenschluss an: dem exceed-Programm. Hier fördert der DAAD aus Mitteln des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) zwölf internationale Hochschulnetzwerke jeweils zu einem anderen Schwerpunkt. Zusammen unterhalten sie viele Dutzend Partnerschaften in aller Welt.

Sie forschen rund um das Thema Gesundheit genauso wie zu Beschäftigung, Wassermanagement oder nachhaltigen Energien. Die Netzwerke kooperieren nicht nur mit ihren jeweiligen Partnern, sondern auch untereinander. Mit ihrer Forschung leisten sie einen maßgeblichen Beitrag zu den Nachhaltigkeitszielen. Dr. Maria Flachsbarth, Staatssekretärin im BMZ, formuliert den Nutzen so: „Auf diesem Weg werden entwicklungsrelevante Herausforderungen ganz im Sinne der Agenda 2030 gemeinsam identifiziert und Lösungen gefunden.“